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Forderungskatalog an Politiker: Julia Verlinden antwortet
Viele Menschen im Wendland setzen sich dafür ein, hier in unserer Region Geflüchtete aufzunehmen, die in den Grenzstaaten der EU festsitzen. Wir begreifen nicht, warum Menschen – Alte, Kranke, Schwangere, Kinder – in Zelten und unter Planen schlafen, während hier Wohnräume leer stehen.
Ihre medizinische Versorgung ist nicht annähernd gewährleistet. Wir hören wieder aufs Neue, dass Menschen im Mittelmeer ertrinken, weil die sogenannte Balkanroute geschlossen ist. Wir billigen nicht, dass die Menschen in Griechenland unter unwürdigsten Umständen ausharren müssen, während in Deutschland Aufnahmeeinrichtungen geschlossen werden. Wir werden nicht akzeptieren, dass Menschen sterben, weil wir angeblich machtlos sind.
Wir fordern Sie auf, die politische Entscheidung zu treffen, damit Flüchtlinge in Deutschland, in Niedersachsen, im Landkreis Lüchow-Dannenberg weiterhin Schutz bekommen können.
- Wir fordern Sie auf, sich dafür einzusetzen, dass Familienmitgliedern schnell und unbürokratisch der Nachzug ermöglicht wird.
- Wir fordern Sie auf, alles dafür zu tun, dass die EU-Verpflichtung des Relocation-Programms vom September 2015 eingelöst wird und Deutschland die weiteren 99 % der zugesicherten Quote aufnimmt.
- Wir fordern Sie auf, Ihren Teil dazu beizutragen, die Verantwortung für das humanitäre Desaster in Südeuropa und anderswo zu übernehmen und für die Umsetzung des Grundrechts auf Asyl zu sorgen.
- Wir fordern Sie auf, sich auf kommunaler Ebene dafür einzusetzen, festsitzende Geflüchtete aus den griechischen Lagern in den Landkreis zu holen – umgehend, unbürokratisch und gemeinsam mit unseren Unterstützungsstrukturen.
- Wir fordern Sie auf, endlich wieder mutig zu sein.
Wir haben die Möglichkeit! Wir haben die Strukturen! Wir haben den Wunsch! Wir haben den Bedarf! Wir selbst haben mehr als wir brauchen und wollen unseren Tisch größer und nicht unsere Zäune höher bauen! Wir treten ein für ein selbstbestimmtes Leben in Sicherheit und Freiheit – für alle Menschen!
Auch Sie haben die Möglichkeit, unsere Petition zu lesen und zu unterzeichnen.
Selbst wenn die Notaufnahmeeinrichtungen geschlossen werden, bleiben unsere Forderungen nach einer zügigen Aufnahme von „Idomeni-Flüchtlingen“ bestehen.
Mit freundlichen Grüßen von der Arbeitsgruppe „Visionen und Widerstand“ von ZuFlucht Wendland, 13. Juli 2016
Antwort von Julia Verlinden, MdB Bündnis 90 / Die Grünen, 21. Juli 2016
Schließung der Notunterkünfte in Lüchow-Dannenberg und Aufnahme weiterer Asylsuchender
Liebe Ruth Schuster, liebe Arbeitsgruppe „Visionen und Widerstand“,
vielen Dank für Ihren offenen Brief und die Petition. Es ist toll zu sehen, wenn sich Menschen für Geflüchtete und unbürokratische, schnelle Lösungen einsetzen – genau das brauchen wir! Gerade die Menschen im Wendland zeigen hier, wie gemeinsames Leben gehen kann.
Sie sprechen in Ihrem Brief mehrere Punkte an. Ihre Empörung kann ich sehr gut verstehen, wir teilen sie.
Deutschland muss sich an die EU-Vereinbarung halten und dringend die eigenen Zusagen umsetzen. Dies betonen wir als grüne Bundestagsfraktion auch in unserem Antrag „Flüchtlingsschutz und faire Verantwortungsteilung in einer geeinten Europäischen Union“ vom 27.04.16:
„Die lange vereinbarte Umverteilung von 160.000 Asylsuchenden innerhalb der EU muss endlich umgesetzt werden. Die Umsiedlung von bislang lediglich 1429 Menschen ist völlig unzureichend. Den wiederholten Zusagen Deutschlands, aber auch Frankreichs und Polens, die bereit sind, 30.000 bzw. 7000 Menschen aufzunehmen, müssen schnell Taten folgen. Deutschland muss dabei mit gutem Beispiel vorangehen und seine Aufnahmezusagen zügig erfüllen.“
Der Antrag lässt sich hier abrufen: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/082/1808244.pdf
In der derzeitigen Situation werden die ersten Notunterkünfte geschlossen. Notunterkünfte sollten auch nicht zur Normalität werden, sondern wirklich nur im Notfall zum Tragen kommen. Stattdessen wird eine möglichst schnelle dezentrale Unterbringung angestrebt. Um auch auf größere Schwankungen bei den Zugangszahlen reagieren zu können, hat Niedersachsen ein Drei-Stufen-Modell entwickelt. Das Modell unterscheidet zwischen aktiven, also sofort belegbaren Plätzen (1. Stufe), passiven Plätzen, also mit einem zeitlichen Vorlauf von einigen Tagen belegbaren Plätzen (2. Stufe) und Reserve-Plätzen, die mit einem zeitlichen Vorlauf von einigen Wochen belegbar sind (3. Stufe).
Es ist richtig, dass das niedersächsische Aufnahmeprogramm für Syrien ausgelaufen und bisher noch nicht wieder verlängert worden ist. Eine wichtige Rolle spielen dabei die Verpflichtungserklärungen (VE), die die hier lebenden Einlader*innen abgeben müssen, um sicherzustellen, dass sie die Unterhaltskosten für die Aufgenommenen übernehmen. In manchen Ländern umfassen diese Erklärungen auch die Krankheitskosten, die sehr hoch ausfallen können. Rechtlich streitig ist die Frage, was passiert, wenn die Aufgenommenen später noch einen Asylantrag stellen und dann Sozialleistungen beziehen, und ob dann die VE noch gelten oder das Land dann die Kosten tragen muss. Da Niedersachsen zusammen mit Nordrhein-Westfalen deutlich mehr syrische Asylsuchende aufgenommen hat als andere Bundesländer, beträfe es das Bundesland besonders stark. Hier wälzt der Bund durch seine Erstattungsforderungen gegenüber den Ländern die Last auf die Länder ab und verursacht das Problem. Die grüne Landtagsfraktion in Niedersachsen setzt sich aber auf jeden Fall weiterhin für eine Verlängerung des Aufnahmeprogramms ein.
Bezogen auf das Wendland möchte ich Sie auf eine tolle Initiative Osnabrücks aufmerksam machen, falls Sie diese nicht bereits erreicht hat. Der Stadtrat Osnabrück hat am 14. Juni einen Antrag zur Aufnahme von fünfzig Menschen aus griechischen Aufnahmelagern beschlossen. Der Link der Aktion, die vom Generalvikar, der Flüchtlingsinitiativen, des Stadtrats und des Oberbürgermeisters, des Innenministers und natürlich von uns Grünen unterstützt wurde: http://50ausidomeni.de/
Wir befürworten und unterstützen solche Initiativen ausdrücklich.
Ich werde mich weiter zusammen mit der grünen Bundestagsfraktion für eine humanere Asylpolitik einsetzen und die Regierung dazu drängen, endlich mindestens die vereinbarten Aufnahmezahlen umzusetzen. Druck aus der Zivilgesellschaft auf die Bundesregierung unterstützt dieses Anliegen natürlich.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Julia Verlinden